New Work Skills

Aufbauend auf meinen beiden vorangegangen Blogartikeln geht es in diesem Beitrag um digitale Kompetenzen. Und zwar darum, was digitale Kompetenzen sind und wie man sie in Unternehmen aufbauen kann.

Nachdem ich in Wo geht’s hier zur Zukunft beschrieben habe, wie schwer sich Unternehmen in Deutschland mit der Digitalisierung tun, möchte ich nun aufzeigen, wie sich eine Organisation auf die eigene digitale Zukunft vorbereiten und damit reaktionsfähig und flexibel bleiben kann.

Disruption der Arbeit

Was den Aufbau digitaler Kompetenz so wichtig macht, ist der anhaltende Automatisierungstrend unserer Arbeitswelt, der bereits viele Berufsbilder beeinflusst und geändert hat und dies auch weiterhin tun wird. Ein gutes Beispiel hierfür ist das im vergangenen Monat von der Firma Bosch eröffnete Halbleiterwerk in Dresden: Auf ca. 100.000 Quadratmetern werden hier perspektivisch nur 700 Mitarbeiter:innen beschäftigt sein, deren Hauptaufgabe vor allem „die Planung der Produktion sowie das Steuern und Überwachen der Maschinen“ sein wird (mdr.de, Bosch eröffnet Halbleiterwerk in Dresden, 07.06.21).

Laut OECD werden durch die Digitalisierung fast 14 % aller Jobs in OECD-Ländern automatisiert werden, weitere 32 % zumindest teilweise. Im Moment sind es zwar insbesondere die Jobs junger Menschen und derer mit niedriger Qualifikation, die gefährdet sind. Neue Technologien betreffen aber zunehmend auch hochqualifizierte Berufe. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat sogar ein Online-Tool entwickelt, das die Automatisierbarkeit von Berufen ermittelt: Job-Futuromat.

6 out of 10 workers don’t have basic computer skills or experience.

OECD: The future of work is now

Auswirkungen für Unternehmen

Automatisierung hin oder her: Ohne Menschen kann ein Betrieb auch in Zukunft nicht am Laufen gehalten werden. Worauf es aber ankommt, sind gut ausgebildete Mitarbeiter:innen, die digitale Kompetenzen besitzen und mit dem relevanten Know-how ausgestattet sind. Erst sie versetzen Unternehmen in die Lage, flexibel auf neue Entwicklungen reagieren zu können und dadurch reaktionsfähig und innovativ zu bleiben. Was sich ändert, ist die Definition des „relevanten Know-hows“ – den New Work Skills.

Da diese nicht immer frei am Markt verfügbar sind und auch branchen- bzw. unternehmensspezifisches Wissen eine wichtige Rolle spielen, ermitteln und schulen viele Unternehmen die benötigten Kompetenzen selbst. Der US-Telekommunikationsanbieter AT&T gibt z.B. jährlich 200 Mio. US-$ für interne Weiterbildung aus und konnte so bereits 70 % seiner offenen Positionen mit Mitarbeiter:innen aus den eigenen Reihen besetzen, die zuvor eine Umschulung erhalten hatten (The Future Jobs Report 2020, S. 48, World Economic Forum).

Digitale Kompetenzen aufbauen

Digitale Kompetenzen aufzubauen ist ein langfristiges Vorhaben, das ein strukturiertes und zielorientiertes Vorgehen erfordert und konstantes upskilling zum Ziel hat. Damit ist nicht gemeint, dass die im Rahmen der eigenen Tätigkeit genutzten Tools und Programme bedient werden können, sondern es geht um die Vermittlung eines übergeordneten Verständnisses für die Zusammenhänge digitaler Tools, Kommunikation und Prozesse.

Um sich ein erstes Bild von erforderlichen Kompetenzen zu machen, liefert der European Digital Competence Framework, kurz: DigComp, einen Anhaltspunkt (s. Wo geht’s hier zur Zukunft?, 30.11.2020). Diesen Referenzrahmen für digitale Kompetenzen hat die Europäische Kommission als Reaktion auf die mangelhafte digitale Kompetenz in der eigenen Bevölkerung entwickelt. Fünf Kompetenzbereiche wurden definiert, die sich wiederum aus drei bis sechs weiteren Kompetenzen zusammensetzen (s. Grafik).

Die fünf Kompetenzfelder können individuell konkretisiert werden und bieten einen guten Startpunkt für die Entwicklung eines eigenen Weiterbildungsprogramms. Darüber hinaus sind zwei Faktoren für dessen erfolgreiche Einführung und Umsetzung relevant:

  1. Verbindlichkeit: Die Maßnahmen müssen unternehmensweit eingeführt und nachgehalten werden, da sonst die Relevanz des Vorhabens im Unternehmen nicht erlebbar wird.
  2. Dringlichkeit: Vorstände und Führungskräfte dienen als Vorbild. Ihre Haltung signalisiert die Wichtigkeit der Maßnahmen und fordert jede:n Einzelne:n dazu auf, sich mit der eigenen Kompetenzentwicklung auseinanderzusetzen.setzen.

Upskilling am Beispiel Henkel

Der Konsumgüterhersteller Henkel hat für seine ca. 50.000 Mitarbeiter:innen eine auf Individualität abzielende Form des upskillings gewählt (Lucas Kohlmann: Eine digitale Reise von mehr als 50.000 Mitarbeitern, changement!, Mai 2019, S. 34-37).

In einer digitalen Lernumgebung werden die Mitarbeiter:innen spielerisch an die Beantwortung von Fragen herangeführt, deren Ergebnisse erste Wissenslücken offenlegen. Um diese zu schließen, werden anschließend gezielte Lerneinheiten absolviert. Mitarbeiter:innen bauen so diejenigen Kompetenzen aus und auf, die bereits heute benötigt werden. Henkel spricht hier vom sog. Digital BaseFit.

Im Digital ExpertFit führen die Mitarbeiter:innen Online-Self-Assessments durch. Auch hier werden Wissenslücken mit zielgerichteten Trainings geschlossen. Die Lerneinheiten leiten sich allerdings aus Zukunftskompetenzen und Geschäftsanforderungen ab, die das Unternehmen bereits im Vorfeld für sich definiert hat. Da die Arbeitswelt heute sehr dynamisch ist und sich Aufgaben und Verantwortungen schnell ändern können, wurden die Schulungsaufgaben unabhängig von bestehenden Rollen und Hierarchien entwickelt.

Fazit

Um den Anforderungen der sich ändernden Wertschöpfungsprozesse gerecht zu werden und sich die eigene Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu erhalten, ist es unerlässlich, sich heute schon mit den zukünftig erforderlichen Qualifikationen auseinanderzusetzen. Zwar stehen nicht immer die Ressourcen zur Verfügung, um Schulungsprogramme nach dem Vorbild von AT&T oder Henkel aufzubauen. Aber auch im Kleinen können selbst gesteuerte Initiativen bereits einen großen Effekt auf den Umgang mit Technologien und den Wissenstransfer im Unternehmen haben. Beispiele sind: 

  • Unternehmensinterne Formate nach dem Vorbild von Working out Loud.
  • Die Organisation digitaler Tage oder Wochen, in denen digitale Kompetenzen in den Vordergrund rücken und bspw. im Team spielerisch Ziele erreicht werden müssen.
  • Communities of Practice, die regelmäßig stattfinden und in denen Mitarbeiter:innen eigeninitiativ und gemeinsam bestimmte Themen in geschütztem Rahmen bearbeiten.
  • Mentoring-Programme, die verschiedene Generationen zusammenbringen und den Wissensaustausch untereinander fördern.
  • Wissenstauschbörsen, in denen Mitarbeiter:innen z.B. über das Intranet Wissen anbieten
  • uvm.

Wofür auch immer deine Organisation sich entscheidet: Ich wünsche viel Spaß beim Tüfteln und Ausprobieren und stehe für Rückfragen, Brainstorming oder einen gemeinsamen Workshop zur Bedarfsermittlung inkl. Konzeptausarbeitung zur Verfügung!