New Work braucht New Leadership

New Work propagiert Werte wie Selbstständigkeit und Freiheit in Bezug auf die persönliche Gestaltung des Arbeitsalltags, während uns die Digitalisierung dabei hilft, agilere Arbeitsmethoden zu finden und uns selbst zu organisieren. Das moderne Verständnis von Arbeit ist ein agiles, dynamisches, wandlungsfähiges, in dem sich Teams selbst steuern und auch virtuell zusammenarbeiten.

Was bedeutet das für Führung? Wird sie noch benötigt? Lars Vollmer schreibt ein ganzes Buch darüber, Wie sich Menschen organisieren, wenn ihnen keiner sagt, was sie tun sollen (Gorus Verlag, 2017). Und doch macht sich das Prinzip des Verzichts auf Führung in Unternehmen bisher noch nicht bemerkbar. Hierarchien werden zwar abgebaut, aber nicht komplett abgeschafft. Woran liegt das?

Mit Beginn der Industrialisierung hat sich die Form unserer Arbeit stetig verändert. Zuerst verlagerte sich die Mehrheit der Arbeitsplätze von der Landwirtschaft in die Fabriken, später kamen Bürojobs dazu und heute sprechen wir von Home Office und Individualisierung. Jede dieser Arbeitsformen (Fabrik, Büro, Home Office bzw. virtuelle Zusammenarbeit) erfordert ihren eigenen Führungsstil.

Welcher Führungsstil ist wann geeignet?

Aktuell bewegen wir uns von der „Masse“ (z.B. in Form von Massenproduktion und Großraumbüros) hin zu mehr Individualität. Der Vorteil bei Massen ist die Möglichkeit der Vereinheitlichung und Standardisierung. Top-down-Ansätze funktionieren hier gut. Wollen wir hingegen mehr Individualität erreichen (z.B. in der Entwicklung individueller Kundenlösungen), sind wir auf die Kreativität von Mitarbeiter*innen angewiesen – es braucht also mehr Bottom-up.

Wie sorgt man für mehr Kreativität? Sie kann nicht erzwungen werden und kommt auch nicht geplant, sondern hängt vielmehr von soften Faktoren wie der Zufriedenheit oder Gesundheit der Mitarbeiter ab. Doch sind diese nicht selbstverständlich, sondern der Arbeitsplatz muss die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen liefern. Außerdem braucht Kreativität Handlungsfreiheit, d.h. die Möglichkeit zur Selbstorganisation.

Diese Rahmenbedingungen zu schaffen ist zentrale Aufgabe einer Führungskraft. So schreiben beispielsweise Dr. J.-C. Pries und M. Heckmann in ihrem Artikel Der Ameisenhaufen und die Königin (erschienen in Organisationsentwicklung Heft Nr. 3, 2017, S. 70): „Gelingende Selbstorganisation bedarf Rahmenbedingungen, die sich das System nicht selbst schaffen kann.“ Führung werde in (hochvernetzten) Organisationen nicht überflüssig, sondern komplexer.

Wir brauchen also Führung, denn wir sind laufend Veränderungen unterworfen. Sei es durch neue Wettbewerber oder Lösungen, die herkömmliche Produkte gänzlich in Frage stellen (wie z.B. im Bereich E-Mobilität). Prof. R. Heifetz ist zudem der Meinung, dass Führung insbesondere dann gebraucht wird, „wenn Menschen adaptiven Herausforderungen ins Auge sehen.“ Gemeint ist, dass sie neue Fähigkeiten entwickeln müssen, um diese Herausforderungen zu meistern (Organisationsentwicklung Heft Nr. 2, 2018, S. 28-29: Näher am Problem – durch adaptive Führung).

Wie können in einem solchen Umfeld Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Teams zu Höchstleistungen antreiben, um mit den Marktveränderungen mithalten zu können oder sogar Vorreiter zu sein? Eine pauschale Antwort kann es auf diese Frage nicht geben, da sie stark von der jeweiligen Situation der Teams oder Unternehmen abhängt. Jedoch lohnt sich ein Blick auf zwei Führungsstile, wie sie in Phasen des Wandels vorkommen sollten: die transaktionale und transformatorische Führung (vgl. Lauer (2014), Change Management, 2. Auflage, S. 87):

New_Führung

Transaktionale Führung bezieht sich auf das Bewahren und Optimieren des Status Quo, während transformatorische Führung zu neuen Ufern aufbrechen möchte und dafür auf die volle Unterstützung der Mannschaft angewiesen ist. Effizienzsteigerung vs. Effektivitätssteigerung. Die Herausforderung liegt darin, die Führungsstile innerhalb eines Unternehmens optimal miteinander zu vereinen und so die Balance zwischen Kontrollzwang und Strukturlosigkeit zu schaffen.

Gemeint ist nicht ein Entweder-Oder. Beide Führungsstile werden zu jedem Zeitpunkt gebraucht, nur die Ausprägung unterscheidet sich von Fall zu Fall. Letztendlich brauchen Unternehmen immer Struktur und dass Regeln im Umgang miteinander oder der Umfang des Qualitätsanspruchs vorgelebt werden. Dies schafft Orientierung und Rahmenbedingungen, durch die eine Selbstorganisation erst möglich wird. In wandlungsintensiven Branchen und/oder Zeiten sollten Unternehmen auf transformatorische Führung achten und die damit verbundenen Effekte der Kommunikation, Motivation, Inspiration und Sinnstiftung nicht unterschätzen.

Auch wenn die Existenz beider Führungsstile gleichermaßen wichtig ist, so spielt die transformatorische Führung für Change Prozesse doch eine besonders wichtige Rolle. Sie an dieser Stelle zu vertiefen, würde die zumutbare Länge eines Blogartikels sprengen. Daher sei hier schon einmal angemerkt, dass das Thema im nächsten Beitrag behandelt wird.

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